Vereinsreise nach Berlin
Reisebericht von Chris Hochreutener
Die deutschen Strassen nach Friedrichshafen waren derart verstopft, dass wir schon vor dem Abflug mächtige Adrenalinstösse erlebten. In den letzten fünf Minuten schafften wir das Checkin-Prozedere, um dann zu erfahren, dass der Flieger Verspätung hat.
Friedrichshafen ist ein kleiner, unkomplizierter Flughafen. Zusammen mit den anderen Aquarianern durften wir selber zum Flugzeug laufen. Kurze Zeit später waren wir bereits in der Luft und genossen die späten Sonnenstrahlen und die schönen Wolkengebilde.
Der erste Eindruck beim Anflug auf Berlin: Viel Wald und viele Gewässer, geballte Siedlungsgebiete mit Hochhäusern, da wieder ein ganzer Fleck nur Einfamilienhäuser und dort eine grosse Anlage Schrebergärten. Die Stadt sah riesig aus mit ganz vielen Grünflächen. Mir war, als würden wir mitten in den Häusern landen.
Ein Bus brachte uns in die Innenstadt. Wir hatten keine Ahnung, wo wir aussteigen sollten und folgen alle im Gänsemarsch durch die verschiedenen Strassen. Es kam uns vor, als würden wir zwei- oder dreimal um die gleichen Häuser ziehen und dann standen wir plötzlich in der richtigen Strasse.
Am nächsten Morgen trafen wir uns, um gemeinsam zum Hauptbahnhof zu fahren. Dort bestiegen wir einen Sightseeing-Bus, der uns über mehrere Stationen quer durch die Stadt führte und uns interessante historische Geschichten vermittelte. So bekamen wir bereits einen ersten Eindruck und Ideen für die weiteren Ausflugsziele. Den Nachmittag konnten wir frei gestalten. Nach dem Mittagessen fuhren wir zum Brandenburger Tor und erforschten dann die Innenstadt. Durch Zufall kamen wir zu einem Flohmarkt, den wir intensiv durchkämmten.
Einige besuchten am Freitagmorgen das Aqua Global. Meine Tochter und ich wollten lieber zum Schloss Charlottenburg. Mit der S-Bahn war es nicht schwer, den Weg in die Nähe zu finden. Als wir die U-Bahnstation suchten, half uns ein Einheimischer mit dem richtigen Bus.
Das Schloss war noch geschlossen, so dass wir ganz vorne in der Schlange anstehen konnten. Wir buchten gleich eine Führung und hörten gespannt unserem Guide zu. Anfangs hiess es Schloss Lützenburg und war ziemlich klein. Es wurde im Auftrag von Sophie Charlotte als Sommerresidenz erbaut. Sophie Charlotte war die Gattin des Kurfürsten Friedrich III. Als sich Friedrich zum ersten preussischen König krönen liess, musste das Schlösschen entsprechend angepasst werden. Er selber war nicht sehr gross gewachsen (1.40 m), umso grösser und imposanter mussten seine Repräsentationsräume sein. Weil die Königin mit 37 starb, nur 4 Jahre nach der Krönung, erhielt das Schloss ihren Namen.
Friedrich und seine Nachfolger bauten das Schloss ca 100 Jahre lang nach Versailler Vorbild immer weiter aus, so dass es zwei imposante Flügel bekam. Im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, erstrahlt es wieder in neuem Glanz. Heute zählt das Schloss Charlottenburg zu den Wahrzeichen Berlins.
Kurz vor 14:00 Uhr waren wir in der Innenstadt vor dem Sealife, vom Rest der Gruppe keine Spur, also gingen wir noch ins Cafe nebenan. Dort war alles so modern, dass man mit Tablet am Tisch selber bestellen musste. Leider war auch das bezahlen sehr modern, so dass ich schlussendlich mein Geld einfach auf den Tresen legte und davon hastete.
Sealife-Ausstellungen sind interessant, aber irgendwie immer alle gleich. Die persönliche Betreuung durch eine Angestellte, die uns sehr interessante Details erzählte, war mein Höhepunkt in der Ausstellung. Gleich nach dem Sealife ist der Aqua-Dom. Dieser ist eine innen hohle Röhre, die man mit einem zweigeschossigen Lift befahren kann. Er fasst über 1 Million Liter Wasser. Schade, dass der Turm in einem Innenhof eines Hotels erbaut wurde. Die Weite und die Sonne fehlen.
In den Gartenkaffees lag auf jedem Stuhl eine Vliesdecke. Auch wenn es tagsüber mit Hilfe der Sonne schön warm wurde, ging doch immer mal wieder ein kühler Wind, so dass die warme Jacke unbedingt nötig war und die Decken sehr angenehm.
Um sechs trafen wir uns alle wieder am vereinbarten Punkt und fuhren zusammen zum Vereinshaus der Naturfreunde für Aquarien und Terrarienkunde. Wir wurden herzlich aufgenommen und verköstigt und genossen den geselligen Abend.
Der Samstag begann sehr sonnig. Wir fuhren eine Station mit der S-Bahn und versammelten uns vor dem Eingang zum Aquarium des Zoologischen Gartens Berlin. Wir geniessen die Privilegien, die ein Verein so mit sich bringt. Wir wurden hinter die Kulissen geführt und sahen Bereiche, die ein normaler Besucher nie zu sehen bekommt. Wir sahen viel Technik und Filterbereiche, Nachzuchten und auch neu entdeckte Tiere, die noch nicht in der Ausstellung sind. Entsprechend erregte unsere grosse Gruppe Aufsehen. Manch ein Zoobesucher wäre gerne mitgekommen, wenn wir durch eine Türe verschwanden oder reckte den Hals, wenn wir wieder in die Ausstellung zurückkamen.
Am Nachmittag durften wir vom Aquarium direkt in den Zoobereich wechseln. Wir fanden uns vor dem Löwenkäfig wieder und warteten auf die Fütterung. Der König der Tiere wurde immer nervöser, seine Schritte hin und her zusehends heftiger. Wir wissen jetzt, dass ein markierender Löwe bis hinter die Zuschauerabschrankungen spritzen kann.
Ein leichter Regen setzte ein, der uns ins Zoobeizli trieb, worüber sich unsere Füsse freuten.
Viel zu schnell wurde es Sonntag. Wir durften unser Gepäck bei der Rezeption deponieren und machten uns mit den ÖV auf den Weg in die Innenstadt. Unser Ziel war das jüdische Museum. Dieser verwinkelte Bau sieht schon von aussen ganz speziell aus. Auf vier Etagen wurde über die Geschichte und die Kultur der Juden erzählt, nicht nur die während dem Krieg.
Gleich in der Nähe des jüdischen Museums ist der Checkpoint Charlie. Da meine Tochter unbedingt ein originales Mauerstück sehen wollte, schauten wir uns dort um. Es sieht auch heute noch sehr amerikanisch aus. Viele Infotafeln erzählten uns die Geschichte dieses speziellen Platzes. Ein paar Meter weiter ist tatsächlich noch ein Mauerstück erhalten und auch dort gibt es viele Infotafeln. Wir schossen Erinnerungsfotos.
Der Zeiger rückte unausweichlich weiter und so machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel, um unser Gepäck zu holen. Wir waren viel zu früh am Flughafen, weil wir diesmal das grösste Stück mit der S-Bahn und nur noch den Rest mit dem Bus fuhren und nicht mehr den ganzen Weg nur mit dem Bus. Und vielleicht auch, weil wir diesmal genau wussten, welche Richtung wir einzuschlagen hatten J? In aller Ruhe konnten wir den Flughafen Tegel und das Gedränge bei den Fernreiseterminals anzuschauen. Unsere Maschine startete seitlich im Terminal D, wo die kleinen Flugzeuge stehen.
Vielen herzlichen Dank unserem Organisationskomitee für den interessanten, lehrreichen, lustigen und entspannten Ausflug.